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Paul


Dachenflugtag
              

Jedes Jahr steht ein einschneidendes Erlebnis ins Haus, meine drei Frauen fahren in Urlaub, Drachenflugtag heißt das bei uns. Das geht, vom herben Gewichtsverlust meinerseits eigentlich fast immer störungsfrei ab. Ich bin natürlich nicht alleine hier geblieben, der Kater Paul lebt noch und geht nun in seine 4 Lebenswoche. Heute ist es mir gelungen, mit ihm das letzte Stückchen Leberwurst gemeinsam zu vertilgen, er von meinem Brot und ich die heruntergefallenen Reste von meiner Hose. Ansonsten fordert das Tier jede Aufmerksamkeit und aus dem Versuch, demokratische Strukturen in den virtuellen Haushaltsvorstand einzuführen, sind klare Machdemonstrationen geworden. - Seitens des Katers natürlich.- Ich könnte mich schon wehren, ich habe aber meinen Frauen versprochen ein lieber Vater zu sein. Katzenvater, wie tief bin ich gesunken.

Heute ist es eine Woche her, dass meine Frauen in Urlaub gefahren sind und ich habe nur noch zwei Wochen Klausur vor mir. Deshalb Drittelzeit. Tägliche Anrufe informieren mich bestens über deren Müßiggang und ich bin verzückt, wenn ihre Frage nach dem wehrten Befinden sich zuerst an den Kater richtet, dann an die Waschmaschine und ich danach auch Erwähnung finde. Nein, es ist alles in Ordnung, Spinnweben im abgestellten Kühlschrank sind wunderbares Begleitmaterial für langsam aufkommenden Fatalismus. Der ist unbedingt nötig, ich müsste sonst ehrlich sein und zugeben, dass ich keinen dieser Tage auch nur stundenweise genießen kann. Mir fehlt die ordnende weibliche Hand, die aus Fragmenten eines Tages eine runde Geschichte formt.

Am meisten scheint aber der Kater unter dem Fehlen der weiblichen Herrschaft in diesem konstruktiven Matriarchat zu leiden. Wenn sich Paul freiwillig an meine Hosen klammert um Zuneigung zu fordern, dann stehen dem noch schlimme zwei Wochen ins Haus. An die Bohnen mit Speck habe ich ihn gewöhnt, er den Speck, ich die Bohnen. Das mit dem Stöckchen holen klappt noch nicht so ganz und bellen kann er auch noch nicht. Ich habe aber noch zwei Wochen, seinen Charakter zu brechen und einen ordentlichen Hund aus der Katze zu machen. Ich bin mir jetzt unsicher, ob ich mal bei Clausewitz nachlesen soll oder bei Nietzsche, vielleicht hole ich mir aber auch ein paar Tipps im Internet über Guantánamo, die können mir sicher helfen. Schlimm ist es beim Einkaufen, Zigaretten, Bier, Bohnen und Speck, mehr kommt sonst nicht in den Wagen. Vor ein paar Tagen hat mich mein Gewissen plötzlich gebissen und ich habe meine Hand dabei erwischt, wie sie eine Packung "Whiskas Junior" mit in den Einkaufskorb geschmuggelt hat. Das Glück war mir hold, keiner meiner Freunde hat mich damit ertappt. Katzenfutter kaufen ist so ziemlich das Peinlichste, was einem Mann in dieser doch so liberalen und aufgeschlossenen Gesellschaft passieren kann. Ich könnte das ja erklären, ich mach das nur für meine Frauen, die haben das verdient. Aber ich bin ja eh schon suspekt im Moment, da ich meinen Frauen drei Wochen Urlaub am Stück gegönnt habe und offensichtlich nicht glücklich bin über die so genannte sturmfreie Bude und statt dessen über meine ersten Erfolge mit der Waschmaschine spreche. Aber bitte Leute, nur weil ich meine Frauen verstehe, bin ich doch noch längst kein Frauenversteher!



zum nächsten Paul...

Paul


Familie Ellen & Simon Märkle

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