Feigenkaktus

Opuntia ficus indica oder opuntia ficus barbarica. Feigenkaktus, indische Feige und viele weitere Namen hat diese Pflanze. Die Engländer sagen "Prickley pear" die Mexikaner "Nopales" und hier auf den Kanaren heißt die Pflanze "tunera" und die wohlschmeckende Frucht "tuno".

Der Feigenkaktus ist aus dem Landschaftsbild der Kanaren nicht mehr wegzudenken. Zugleich ist diese Pflanze ein hervorragendes Beispiel für die Abhängigkeit der Kanaren von Monokulturen und deren Begleiterscheinungen. Die massive Einbringung von Neophyten (nicht heimischen Ursprungs) hat die gesamte Biodiversität der kanarischen Inseln mehrfach verändert. Wein, Tabak, Bananen, Touristen... und natürlich die Opuntie wechselten sich laufend ab und bestimmten danach die Ausrichtung der gesamten Landwirtschaft. Heute versucht man die Einbringung neuer Arten zu beschränken, aber wie heißt es immer so treffend, "Erst kommt das Fressen und dann ..."

Die Opuntie gibt es auf den Kanaren erst seit Anfang 1800 und wurde seinerzeit nur eingeführt, um darauf die Cochenille zu züchten. Eine kleine graue Laus, deren Blut den Farbstoff "Cochenille" (E-120) ergibt. Damals versuchte man den Weinanbau zu ersetzen der mit dem Eintreffen des echten Mehltaus aus Amerika (oidium tuckerii) fast vollständig zum Erliegen kam. Der Siegeszug der Opuntie dauerte nur etwa einhundert Jahre, sie wurde von der Banane ersatzlos verdrängt. Zwar sammelten viele Leute noch bis 1970 die kleinen Läuse von den Kakteen, aber das hatte nur noch regionale Bedeutung. Die industrielle Herstellung von Karminrot hat den Farbstoff Cochenille in eine Randpositionen gedrängt. Nur noch wenige und ökologisch orientierte Firmen verwenden diesen natürlichen Farbstoff. Diesen bezieht man dann aber aus Südamerika, da sind die Arbeitskräfte erheblich billiger. Das Sammeln der kleinen Läuse stellt einen erheblichen Zeitaufwand dar.

Das mit der Laus ist also gegessen, aber der Kaktus ist weiter da und wird sich auch nicht wieder verdrängen lassen. Heute nimmt man die fleischigen großen Blätter als Ziegenfutter und die Früchte zum Rohverzehr, oder man macht Süßspeisen daraus. In den Ursprungsländern des Feigenkaktus, Mexiko und Ecuador kennt man auch medizinische Eigenschaften der Pflanze. So sollen die Blütenblätter den Männern bei Blasenbeschwerden helfen und das pektinhaltige Fruchtfleisch soll entzündungshemmend für den Verdauungstrakt sein.

Außer als Viehfutter und den Früchten die man erntet, ist die Opuntie heute auf den Kanaren ein gefürchtetes Unkraut. Wie das Schicksal es so will, versucht man heute die Opuntie wieder loszuwerden um dem Weinbau mehr Platz zu geben. So ändern sich die Zeiten. Da die Opuntie hier einen hervorragenden Lebensraum vorfindet, at sie sich überall ungehemmt vermehrt und prägt das Erscheinungsbild dieser Insel nachhaltig. Nach ein paar Jahren verholzen die unteren Teile der Pflanze und so gelingt es der Opuntie bizarre Formen zu entwickeln und bis zu 5 Meter hoch zu wachsen. Die Opuntie vermehrt sich nicht nur durch Samen, sondern auch vegetativ. Reißt man ihr ein "Ohr" ab und wirft es achtlos weg, dann krümmt sich das Blatt bald und dort wo das Blatt die Erde berührt, wachsen schnell neue Wurzeln. Die Opuntie ist überaus genügsam und kann viele Monate ohne einen Tropfen Wasser auskommen. Dabei stört sie weder scharfer Wind, noch heiße Sonne.

Im Frühjahr, nach den Regenfällen des Winters, blühen die Opuntien. Erst bilden sich kleine Auswüchse an den Blättern, aus denen später die Blüte treibt. Die Farbe der Blüten reicht von gelb bis rot und es ist wohl vornehmlich die Bodenbeschaffenheit, welche die Farbe der Blüten bestimmt. Hier im Aridanetal blühen sie fast ausnahmslos gelb und im Norden der Insel herrschen die roten Blüten vor.

Die Kaktusfeigen sind im September reif und können geerntet werden. Da muss man allerdings sehr behutsam vorgehen, da die Früchte mit unendlich vielen kleinen Stacheln bewaffnet sind, welche sich vor dem bloßen Auge verbergen. Man kann die Früchte, noch an dem Blatt hängend mit einem Besen abkehren, oder die geernteten Früchte per Wasserstrahl von den kleinen Stacheln befreien. Dann schält man die Früchte und genießt sie direkt aus der Hand. Die Vielzahl von kleinen, schwarzen Kernen werden einfach mit runtergeschluckt. Die Farbe des Fruchtfleisches variiert ebenso von grüngelb bis rot. Die Früchte sind etwas größer als Hühnereier und haben einen erfrischend süßlichen Geschmack, der an Melone erinnert.

Gärtner und Landwirte schätzen die Opuntie nur von Weiten, da sie sehr aggressiv wurzelt und so ihren Nachbarn kaum Wasser und Nährstoffe lässt. Um Flächen, die von Opuntien überwuchert sind wieder davon zu befreien, setzt man oft Raupenschlepper ein, um die langen Wurzeln aus der Erde zu bekommen. Dem Kakteenfreund der seinen kleinen grünen Kaktus auf der Fensterbank pflegt, sind solche Auswüchse natürlich fremd. Das einzige was ein Feigenkaktus von der Fensterbank mit unseren Monstern gemeinsam hat: Er sticht!