Gastbeiträge von Rose Marie Dähncke

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Feines Gericht ohne Namen

Ich suche dringend ein Restaurant. Komme vom Essen, und habe mächtigen Hunger. Hört sich paradox an - ist es auch, aber wahr.
Schuld daran ist einer meiner Charakterfehler, meine ausgeprägte Neugier. Zu gerne wollte ich wissen, wie man da in dem Nobelrestaurant isst, das sich 'Cocina francesa' nennt, und dessen Kreationen wohl an die Französische Küche angelehnt waren.

Ich konnte mir unter allen Plätzen im Raum den besten aussuchen, denn ich war fast alleine da. Ein einzelner Herr an einem hinteren Tisch las Zeitung. Er aß nicht, oder er hatte schon gegessen, oder er wollte hier nie essen. Vielleicht war es der Besitzer.

Eine Bestellung brauchte ich nicht aufzugeben, das Lokal war dafür bekannt, dass es nur ein einziges Gericht anbot, jedoch jeden Tag ein anderes. Was es auch war, es hieß immer 'Exklusiv des Tages'. Der Kellner kam, er machte eine gute Figur und sah aus wie ein richtiger Kellner. Das ist bemerkenswert, da in den anderen Lokalen meistens irgendwelche Familienangehörige in ungelernter Weise bedienen. Er fragte: "dazu den passenden Wein?", und ich nickte gnädig, wie er es wohl auch nicht anders erwartete. Dann kam das, worauf ich so neugierig war, perfekt serviert an: auf dem weißen Teller waren drei etwas größere Punkte verschiedener Farben und Konsistenz diagonal ausgerichtet, dazwischen ein senkrechter frisch-grüner Strich, der sich später als nicht essbarer Pflanzenstiel herausstellte. Um den Tellerrand herum zog sich eine Schlangenlinie aus mittel-flüssiger Dekorationssauce, hier und da einmal unterbrochen. Sofort dachte ich an den spanischen Expressionisten Miró, ich weiß auch nicht, warum. In der Mitte des Ganzen stand aufrecht ein kleines Scheibchen. Man konnte nur raten, was es war. Dieses Etwas war nichtssagend, von heller Farbe mit leichtem fleischfarbenem Schein, dabei angedeutet transparent. Zunächst erinnerte es an Fisch, halb roh vielleicht, oder an ein noch nicht voll entwickeltes Fleisch von ungeborenem Zicklein möglicherweise oder an etwas noch Ausgefalleneres, aber auch an ein vegetarisches Sojaprodukt, oder an pflanzlichen Biokäse? Es konnte auch das Teilchen einer seltenen, vom Aussterben bedrohten Art sein. Beim vielen Begucken wurde es langsam schlaff und schlaffer und legte sich schließlich sanft auf die benachbarten Punkte. Ich ging es vorsichtig an, nach drei Probehäppchen war es alle, und ich war nicht dahinter gekommen, was es sein könnte. Auch der Geschmack hatte nichts hergegeben, er verhielt sich völlig neutral. So wird dieses Exklusivgericht sein Geheimnis mit ins Grab nehmen, oder vielmehr den normalen Verdauungsweg gehen und dann mit runtergespült werden. Die drei Punkte waren so nebenbei mit weggegangen, einen konnte ich identifizieren, es war Kartoffelbrei. Blieb zum Schluss die braune Schlangenlinie, aber die war wohl nicht zum Essen gedacht, denn mit Messer und Gabel ging es nicht, und ein Spezialbesteck war nicht aufgedeckt. Die sollte wohl so zurückgehen, wie es hier überhaupt fein und üblich ist, kleine Reste auf dem Teller zu belassen, damit es nicht so aussieht, als wäre man verfressen und müsste alles vertilgen. Übrigens der Wein war hell, und ich trank drei Tropfen, denn von mehr bekomme ich Kopfschmerzen. Ja, und nun suche ich ein Esslokal, wo man richtig isst, aber mit Schreck fällt mir ein, dass daraus ja nichts werden kann, denn ich habe nicht mehr genug Geld in der Tasche, meine Neugier war mir sehr teuer gekommen.






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Familie Ellen & Simon Märkle

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