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Carlo         


DEM


              


X. Teil Seweromorsk

Die nachfolgende Geschichte ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit anderen Berichten oder Erzählungen ist rein zufällig. Gleiches gilt für die verwendeten Namen, Bezeichnungen, Techniken und geografischen Orte. - Texte und Bilder unterliegen dem Copyright


Die zweite Begegnung nach einer Woche verlief wenig spektakulär. Pjotr hatte in dem überhitzten Raum gewartet. Der Adjutant riss ihn aus einer sich anbahnenden Schläfrigkeit: "Sie haben die Akten dabei!?" Pjotr nickte und warf einen Blick zur Seite. Auf dem Tisch lag das Paket. "Dann kommen Sie, Pjotr Iwanowitsch, wir werden Ihnen während der Fahrt Fragen beantworten." Pjotr hatte gelernt, Fragen dieser Art nicht zu stellen. Er folgte dem Adjutanten in die Kälte "Ich heiße übrigens Oleg. Wie steht es mit Ihren Englischkenntnissen?" Pjotr wusste diese Frage einzuordnen. Sie verlangte keine Antwort: "Gut, ich werde dann Oleg zu Ihnen sagen!" Sie überquerten den Platz vor dem Ballhaus. Oleg steuerte auf einen alten Tschaika zu, der mit laufendem Motor vor einem Schneehaufen wartete. Als der Fahrer des Wagens die beiden bemerkte, stieg er aus und wies Pjotr an, hinten einzusteigen. "Da sind Sie ja, Pjotr Iwanowitsch! Kommen sie ins Warme!" Der Riese rückte etwas zu Seite, und Pjotr schob das Aktenpaket vor sich her auf die Sitzbank. "Freut mich, dass sie sich uns anschließen wollen!" Sergej schlug mit der Hand auf das Aktenbündel. "Ich habe es auch nicht anders erwartet. Ein Mann ihres Schlags braucht eine solche Aufgabe." Pjotr zog die Mütze vom Kopf und stülpte sie über sein rechtes Knie. Verhalten ruhig knöpfte er seine Jacke auf und zog den Reißverschluss nach unten. Der Wagen setzte sich in Bewegung. "Wir fahren nach Seweromorsk. Ich habe den Wagen genommen, weil wir uns dort etwas unabhängiger bewegen können. Sie wissen...schöner Wagen, nicht wahr, ich schätze diese alten Autos, sie fahren immer - fast!" Der Riese lachte und trommelte mit den Fingern auf das Aktenbündel als habe er eine Melodie im Kopf. "Wir treffen dort auf einige Techniker, die Umbauten vornehmen können. Sie werden mit diesen Leuten zusammenarbeiten und ihre Erfahrungen einbringen. Haben sie die Vorschläge geprüft?!" Für Pjotr war auch diese Frage überflüssig, Selbstverständlich hatte er die Pläne eingehend studiert und wenn entsprechendes Gewicht aus den Rümpfen entfernt würde, war gegen eine Ummantelung nichts einzuwenden. Die Schleppvorrichtung könnte dann mit diversen Trossen die Zuglast auf den ganzen Rumpf verteilen. Aber was in aller Welt sollten die drei umgebauten U-Boote schleppen? Er hatte es aufgegeben, Mutmaßungen anzustellen: " Ich denke, es wird gehen!" Er wandte den Kopf zu Sergej und schloss kurz die Augen.

Ein Schnellboot wartete auf die Gruppe am Dock.
Sie hatten in der Baracke die Techniker getroffen und waren nach dem Essen zu einer Besichtigung gefahren. Pjotr wunderte sich, dass dieses brandneue U-Boot einer neuen Klasse offen im Dock lag. Sie nahmen den Fahrstuhl zum Turm. Hinter dem Gestänge erkannte er die markanten Zeichen RRSB1. Er konnte sie nicht einordnen. Der Befehlsstand übertraf mit seinen Einrichtungen alle Erwartungen. Mit Befremden nahm Pjotr die offensichtlich hoch technisierte Umgebung wahr. Der Riese stand abwartend am Niedergang. "Das Boot war bereits im Einsatz", stellte Pjotr fest? "Ja, drei Jahre, davon zwei Jahre stationär im Nordatlantik. Wir haben erst nach einem weiteren Erprobungsjahr mit dem Bau der zwei anderen Einheiten begonnen." Sergej bewegte sich langsam auf Pjotr zu: "Ich denke, Sie werden den Umbau beziehungsweise Ausbau der Boote verfolgen und dann denke ich auch, dass sie das Kommando über eine Dreier-Flotte übernehmen werden. Das ist der Schlepp-Verband. Und jetzt kommen Sie!"

Die Turbine lief mit niedriger Drehzahl. Einige Eisfelder trieben mit dem Strom nach Norden. Der Scheinwerfer suchte sich den Weg über offenes Wasser. Dann brach das Schiff durch die Nebelwand. Die Ausmaße der Halle konnte Pjotr nur ahnen. "Wir haben die Montage des Brüters überdacht", vernahm Pjotr die Stimme des Riesen, "damit sind wir vom Wetter weitgehend unabhängig." Die Halle hat einen Durchmesser von 600 Metern und erreicht in der Mitte eine Höhe von 280 Metern. Der Brüter wird einen Durchmesser von 500 Metern haben. Er wird als Kugel gebaut. Wir haben die Hälfte jetzt fertig, sie liegt unter Wasser und ist zum Teil geflutet. Mit dem Baufortschritt der zweiten Hälfte pumpen wir das Wasser ab." Sergej unterbrach und wandte seine Aufmerksamkeit einem Ponton zu. Gleißendes Scheinwerferlicht erfasste einen eisernen Ring. Sergej nahm das Bild der beiden riesigen Schwimmkräne vor dem Nachthimmel in sich auf. Er folgte sichtlich angespannt den Bewegungen der Einweiser auf dem Ponton: "Was sie da sehen, Pjotr Ivanowitsch, ist einer der Fundamentringe eines der drei Fusionskraftwerke. Sie liegen in der Äquatorebene jedes für sich, in einer eigenen Druckkugel, wie ein Dreigestirn um den Autoklaven. Jeder dieser Reaktoren kann den Autoklaven ausreichend mit Energie versorgen, um die Elementierung zu garantieren. Wir gehen also einen sicheren Weg, wenn wir drei Kraftwerke einbauen." Sergej wandte den Blick auf Pjotr. Das Halbdunkel der Brücke verbarg nicht die angestrengte Ungläubigkeit des Kommandanten. "Sie müssen das hier auch nicht verstehen, Pjotr Ivanowitsch, sie müssen das Ding nur schleppen, egal wohin! Aber einige tausend Kilometer in dreihundert Meter Tiefe werden Sie wohl kaum abschrecken!" Pjotr vernahm wieder diesen kompromisslosen Tonfall. Er verwarf den Gedanken, Sergej um eine Erklärung zu bitten. Er würde seinen Teil der Aufgabe erfüllen und das Wissen dazu erhalten. "Wann ist es soweit", fügte er gezielt monoton den Worten Sergejs zu, "ich muss mich noch etwas vorbereiten!" - "Wir arbeiten mit Hochdruck, in fünf Jahren sind sie an der Reihe!"

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Photos von Bernhard van Riel


Familie Ellen & Simon Märkle

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