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Carlo         


DEM


              


VII. Teil Los Alamos

Die nachfolgende Geschichte ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit anderen Berichten oder Erzählungen ist rein zufällig. Gleiches gilt für die verwendeten Namen, Bezeichnungen, Techniken und geografischen Orte. - Texte und Bilder unterliegen dem Copyright


Blaues Licht lag auf Allem. Ich hatte mich nach einer Quelle umgesehen. Dieses Licht schien eine mir unbekannte diffuse Eigenschaft zu haben. Es war einfach da. Nur vereinzelte Monitore der Wartungseinheiten störten die Einheitlichkeit. "Das sind Streuphotonen, sie kommen aus einem Lichtring im Inneren der Anlage. Sie durchdringen alles, wollen unbedingt reagieren, werden aber brüsk abgewiesen. Keiner will sie haben Sie verhalten sich ähnlich wie die Gravitonen, sie manifestieren sich erst bei dem Versuch einer Reaktion mit Masse." Ernest machte seine üblichen Witze. Ich hatte schon von Paco gelernt, dass er mit Vorsicht zu genießen sei, und manchmal selbst nicht wisse, ob er Unfug oder eine neue Erkenntnis preisgebe. "Es ist völlig ungefährlich, Du bemerkst sie nicht und trotzdem sind sie immer da, Du nimmst nur ihr Wirken wahr!"
Das Experiment, wie Ernest es nannte, hatte etwas Fremdartiges an sich. Ein haushoher, monolithischer Metallkörper, dem ein spürbarer Druck zu entströmen schien, schwebte in der Mitte der Halle eingebunden in ein Netz von Stahltrossen- berührungslos!
"Die Verankerungen liegen im Boden. Wir mussten über 50 Meter tiefe Löcher bohren, am Ende aushöhlen und mit Beton verfüllen. Der Zug auf einem dieser Seilbündel ist enorm, und er nimmt zu! Wir messen jetzt über 1.000 Tonnen. Komm, wir gehen 'mal rüber!" Ernest fasste meine Hand, eine sonderbare Empfindung der Zusammenhörigkeit ergriff mich. Er zog mich durch eine Nische im Absperrgitter. Ich fühlte mich angestrengt und elend. Wir erreichten zwei Sessel und kippten hinein. Irgendetwas war völlig anders, ich fiel und wurde gedrückt.
"Wir können uns nicht weiter zu Fuß annähern, nur im Sessel auf der Lafette geht's noch ein kleines Stück, dann wird der Druck zu groß. Wir können gleich nicht mehr sprechen, gib mir deine Hand!" Die Lafette kroch auf die blanke Wand zu, und mit jedem Zentimeter steigerte sich der Druck - wie bei zunehmender Beschleunigung. Ein kleines Display zeigte 3 G als ich die Hand von Ernest zu drücken versuchte, aber er schien nicht bemerken zu wollen, dass mir diese Reise zu viel wurde. Der Sessel kippte langsam nach hinten, und mit den Füßen voran kroch ich weiter auf eine Gewalt zu, die meine Gedanken schwinden ließ, nur ein unbestimmbares Gefühl weckte eine unfassbare Erkenntnis als ob ich nicht mehr in meiner Welt war. Schemenhaft hüllte mich die Umgebung ein. Und dennoch nahm ich etwas in mich auf: Das Gebilde vor mir verlor seine Konturen. Ich blickte durch scheinbar fest gefügte Materie in eine nicht wahrnehmbare Energie.

"Ich kann es dir nicht erklären." Ernest schob die Vorhänge zur Seite. Die Sonne war hinter den Bergen in den Westen eingetaucht. Ein Wagen schnitt sein Weg über den grauen Platz. "Wir wissen nicht, woher es seine Energie bezieht, wir wissen nicht, was hier steuert, wir wissen nur, wie es dazu kam:"
-"Und wie lange besteht diese Reaktion," sann ich laut vor mich hin.
"Seit wir den Laser abgeschaltet haben, vor acht Monaten. Am Abend war alles in Ordnung, und am nächsten Morgen zeigte der Reaktor Aktivität. Wir haben ihn total isoliert. Und trotzdem pumpt er sich immer weiter auf." Ich ließ meine Gedanken wandern. Vor acht Monaten war DEM aufgetaucht.
-"Wie sieht euer Rechner aus, ist er noch aktiv?"
"Ja, sicher, wenn wir abschalten, riskieren wir einen GAU! Wohlmöglich geht das alles hier hoch!"
Ernest hatte sich auf die Fensterbank gesetzt. Er lehnte sich zurück an den Rahmen und zog die Beine hoch. Dann schloss er die Arme um die Knie und sah mich an.
" Ich bin ehrlich gesagt ratlos, und das geht nun schon seit Monaten so!"
Ich musste für eine Weile völlig abwesend gewesen sein.
" Was denkst du?"
Seine fragenden Worte kamen mir langsam zu Gehör und überdeckten das Netz der Zusammenhänge. DEM bezog seine Energie durch eine Membran aus einer Parallelwelt! -"Schalte den Rechner ab, ja, abschalten!"
Meine Stimme kam mir sehr bestimmend vor und ich ahnte warum - DEM war in diesem Kontrollrechner! Es würde ihm nicht schaden, weil es wieder eines von seinen Spielen war, ein ernstes zwar und der Zweck zeigte sich mir wie ein Baustein. Er versuchte sich hier ebenso wie auf allen möglichen anderen Schauplätzen als Überwissen.
-"Abschalten, wir gehen jetzt wieder hinüber und schalten ab!" Ich stand am Fenster und griff nach seinem Arm. "Komm, Ernest, du wirst sehen - es passiert nichts - kein Gau - nichts!"

Paco gab mir am nächsten Morgen einen Lift zum Lab. Ich war mit ihm zu später Stunde nach Hause gefahren und hatte wunderbar geschlafen, nachdem Maria mich mit einem Tee zu Bett gebracht hatte. Ich fand Ernest in seinem Büro, völlig übernächtigt, aber aufgeregt wie ein Junge bei seinem ersten Date. Er filterte Zahlenreihen und malte Kurven.
"Wir haben dunkle Energie aktiviert, es kann nur so gewesen sein, und ich kann das Experiment wiederholen. Das wird alles auf den Kopf stellen, Energie im Überfluss. Stell dir vor, die Raumfahrt...!"
- "Mein Flug geht um zwei, und ich denke doch, dass du mich wieder nach Albuquerque bringst. Wir können uns während der Fahrt noch ausgiebig unterhalten. Oder bist du zu müde für die Fahrt!?"
"Nein, nein, auf keinen Fall, ich fahre dich, hast du dein Gepäck schon hier?"
-" Ja, es ist in Pacos Wagen! Lass uns fahren!"

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Photos von Bernhard van Riel


Familie Ellen & Simon Märkle

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